Das portugiesische Immobilienrecht: Vertrauen Sie in unsere Erfahrung | © Dr. Rathenau & Kollegen

 Kaufvorvertrag

Bedeutung

Ein Kaufvorvertrag (contrato de promessa de compra e venda) beinhaltet in der Regel eine Vereinbarung, dass beide Vertragspartner demnächst einen anderen Vertrag – den Hauptvertrag – abschließen. Das ist beim Immobilienerwerb der Kaufvertrag (contrato de compra e venda), der besonderen Formvorschriften unterliegt.

Der Vorvertrag beim Immobilienerwerb hat große Bedeutung in Portugal. Das Eigentum an der Immobilie geht zwar erst mit dem Abschluss des Kaufendvertrages auf den Käufer über. Jedoch dient der Kaufvorvertrag der Sicherung des Erwerbs. Der Vorvertrag kann in das Grundbuch eingetragen werden. Nach der Eintragung gilt der Vorvertrag auch gegenüber Dritten. Dadurch kann dieser das Grundstück nicht mehr gutgläubig erwerben. Der vorläufige Grundbucheintrag ist sechs Monate gültig und kann höchstens für weitere sechs Monate verlängert werden.

 
Vertragsparteien

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Vertragsparteien bei einem Immobilienkaufvertrag sind der Käufer (comprador) und der Verkäufer (vendedor).

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Ist der Verkäufer ledig oder geschieden, muss nur er den Kaufvorvertrag unterzeichnen. Ist der Verkäufer Portugiese und im portugiesischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (comunhão de adquiridos) bzw. im portugiesischen Güterstand der Gütergemeinschaft (comunhão geral) verheiratet, müssen beide Ehegatten den Kaufvorvertrag unterzeichnen. Ist der Verkäufer im portugiesischen Güterstand der Gütertrennung (separação de bens) verheiratet, so muss sein Ehegatte dem Verkauf zustimmen, wenn es sich um die gemeinsame Ehewohnung handelt. Befindet sich die Immobilie im Eigentum von mehreren Personen (z.B. Miteigentümergemeinschaft oder Erbengemeinschaft), so müssen alle Eigentumsinhaber den Kaufvorvertrag gemeinsam unterzeichnen.
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Ist der Verkäufer eine portugiesische Gesellschaft (z.B. eine portugiesische GmbH, sog. limitada), darf der Geschäftsführer den Kaufvorvertrag nur unterzeichnen, wenn der aus dem Handelsregisterauszug hervorgehende Gesellschaftsgegenstand den Verkauf von Immobilien erfasst. Ansonsten handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, für das ein Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich ist, der das konkrete Immobiliengeschäft autorisiert.

In Portugal gilt für Kaufvorverträge im Immobilienbereich der Grundsatz der Formfreiheit. Es bedarf für den wirksamen Abschluss des Vorvertrages grundsätzlich keiner notariellen Intervention.

Das Gesetz verlangt jedoch bei Kaufvorverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile eine Beglaubigung der Unterschriften. Hiervon sind auch Grundstücke erfasst, für die bereits ein Bauvorhaben besteht. Weiterhin muss dem Vorvertrag die Nutzungs- und Baugenehmigung beigefügt werden, je nachdem, ob der Bau bereits beendet ist oder noch aussteht. Mit dieser Vorschrift soll der Käufer insbesondere vor dem Erwerb von Gebäuden geschützt werden, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden, bzw. vor Bauvorhaben, für die noch keine Baugenehmigung erteilt wurde. In der Praxis verzichten die Parteien ausdrücklich auf die Beglaubigung ihrer Unterschriften und vereinbaren im gegenseitigen Einvernehmen, dass keine der Parteien sich auf das Fehlen berufen darf.

Vor den portugiesischen Gerichten sind jedes Jahr zahlreiche Fälle anhängig, in denen es um die Frage der Wirksamkeit von Kaufvorverträgen geht. Immer wieder werden Kaufvorverträge ohne anwaltlichen Rat abgeschlossen. Das hat bittere Folgen. Der Kaufvorvertrag entspricht in seiner Bedeutung dem deutschen Kaufvertrag; beide Institute nehmen bei der Abwicklung eines Grundstückskaufes dieselbe vorrangige Stellung ein.

Es ist zu empfehlen, dass bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvorvertrages alle wichtigen Unterlagen vorliegen.

Grunderwerbsteuer und Stempelsteuer sind jedoch grundsätzlich erst bei Beurkundung des endgültigen Kaufvertrages zu zahlen.

Eine Löschungsbescheinigung der grundbuchmäßigen Belastungen (z.B. Hypotheken) wird in der Regel beim Abschluss des Kaufvorvertrages noch nicht vorliegen. Um den Verkäufer dazu zu verpflichten, alle grundbuchmäßigen Belastungen zu löschen, sollte der Vorvertrag deshalb einen Hinweis auf die Lastenfreiheit des Grundstücks bei Eigentumsübergang enthalten.

Wenn ein Wohnhaus mit Inventar (Möbel, Gerätschaften etc.) verkauft wird, können sich die Parteien darüber einigen, dass ein Teil des Kaufpreises der Immobilie dem Inventar zugewiesen wird. Das kann zu einer Verringerung der zu zahlenden Grunderwerbsteuer und Stempelsteuer sowie der Veräußerungsgewinnsteuer führen.

Darüber hinaus gibt es weitere Feinheiten, die hier nicht alle erörtert werden können, bei deren Nichtbeachtung die Wirksamkeit des Kaufvorvertrages in Frage steht. Ein Rechtsanwalt kann auf Fallstricke beim Vertragsabschluss hinweisen.

Anzahlung und Reugeld 

In der Regel wird mit dem Abschluss des Kaufvorvertrages ein Reugeld (sinal) in Höhe von mindestens 10 % des Kaufpreises geleistet, dass die Vertragsparteien daran hindern soll, vom Abschluss des Kaufvertrages Abstand zu nehmen.

Bei schuldhafter Nichterfüllung des Käufers fällt der als Reugeld gezahlte Betrag bei Nichtabschluss des endgültigen Vertrages an den Verkäufer. Hat im umgekehrten Fall der Verkäufer schuldhaft nicht erfüllt, hat der Käufer einen Anspruch auf Rückzahlung des Reugeldes sowie die Zahlung einer Summe der gleichen Höhe. Besonderheiten gelten, wenn die Immobilie bereits übergeben wurde. Im Fall, dass beide Vertragspartner zu gleichen Teilen die Nichterfüllung des Vorvertrages verschulden,  ist nur der geleistete Betrag an den Käufer zurückzugewähren.

Erfüllt der Verkäufer sein Versprechen nicht, kann der Käufer grundsätzlich auch die Erfüllung des Vertrages, nämlich insbesondere den Abschluss des Kaufendvertrages, durchsetzen. Damit ihm dies gelingt, sollte im Vorvertrag die Anwendung der besonderen Vollstreckungsvorschriften aufgenommen werden (execução específica). Dann kann der Käufer auf Abschluss des Kaufvertrages klagen und seinen Anspruch im besonderen Vollstreckungsverfahren durchsetzen. Der Richter kann in diesem Falle die Willenserklärung der vertragsbrüchigen Partei ersetzen. Der Anspruch auf Ersetzung des Willensaktes wird im Grunde vom Gesetz auch ohne besondere Vereinbarung gewährt. Der gesetzliche Anspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn im Kaufvorvertrag ein Reugeld oder eine Vertragsstrafe vereinbart wurde. Der Gesetzgeber geht dann davon aus, dass der Kaufvertrag gerade nicht gerichtlich vollstreckt werden sollte. Deshalb muss, wenn der Partei die Wahl zwischen Reugeld und Vollstreckung bleiben soll, eine besondere Vollstreckungsklausel vereinbart werden.